GARCON-Magazin Beitrag

15. Juni 2012

Frisches, knackiges Gemüse, ein Bild für die Götter.

Und wieder Bodensee-Alemanisch. „Da wosch, wa de hosch“, sagt der kräftige Mittdreißiger,der eine Kiste mit Artischoken in die Auslage des Standes am Straßenrand stellte.

Der verständnislose Blick seiner Kunden aus dem hohen Norden lässt ihn fast buchstabieren: Da-weist-du,was-du-hast. Nun gut jeder Gärtner lob sein Gemüse. Der Mann lächelte milde Menschen prüfen, probieren und kaufen. Wieder das langsame Hochdeutsch: So viele Leute können sich nicht irren. Michael Glaser betreibt in Moos auf der Höri gemeinsam mit seinem Bruder Stephan Obst- und Gemüsebau. “Die Halbinsel ist wie dafür gemacht.” erklärt der 35 jährige “beste Böden mildes Klima , ausreichend Wasser.”

Das ist keine neue Erkenntnis. Der Gemüsebau am westlichen Teil des Bodensees geht bis ins 8.Jahrhundert zurück. Die Geschichtsschreiber der Abtei Reichenau berichten ,dass in den Klostergärten  “porrom”, ”loch” und ” zibel” wuchsen. Michael und Stephan sind Gärtner in der 3.Generation. Auf 30 Hektar bauen Sie vor allem Brombeeren, Erdbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren, Kräuter und Gemüse an. Artischocken ,Bohnen,Lauch, Mohrrüben, Pastinaken, Spinat, Salat, Ackersalat, Rüben, Topinabur. In diesem Jahr haben sie zum ersten Mal Bamberger Hörnchen geerntet, aus ihren Gewächshäusern kommen 16 Tomatensorten.

Und dann ist da natürlich noch die Höri-Bülle, sagt Stephan Glaser und zeigt eine auf den ersten Blick unscheinbare Zwiebel. Flach, bauchig, rotbraun. Sie gilt als ganzer Stolz der Gemüsebauern auf der Halbinsel, obwohl ihr Anbau alles andere als einfach und ihr Ertrag geringer als der von “normalen” Speisezwiebeln ist. Der Geschmack allerdings entschädigt für die aufwändige Handarbeit bei der Pflege der Felder und der Ernte.

Die Höri Bülle hat ein zartes Aroma und schmeckt roh eher mild und unaufdringlich. Erst beim Garen entwickelt sie ihre Schärfe, ohne dass dabei die charakteristische rote Färbung verloren geht. Auf 1,2 Hektar haben die Glaser – Brüder in diesem Jahr Höri Bülle angebaut. Mehr ist es mit den vorhandenen Arbeitskräften nicht möglich, obwohl es Kunden dafür schon gäbe, so Michael Glaser, der sich vor allem seinen Wurstsalat ohne die regionale Spezialität nicht vorstellen kann. Übrigens hat SLOW FOOD die Höri Bülle in die Arche des Geschmacks aufgenommen, sagte er zum Abschied.

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Ausgabe Nr. 22/2012